Eine einfache Methode, wie du die Qualität der Zusammenarbeit im Team steigerst.

Einer der wichtigsten Schlüssel für eine produktive Zusammenarbeit ist Transparenz und Offenheit. Transparenz bedeutet in erster Linie, offen miteinander über gegenseitige Wünsche und Erwartungen zu sprechen. Dadurch entsteht Klarheit sowie ein gemeinsames Verständnis und es festigt sich das Vertrauen im Team. Und das macht euch so richtig produktiv.

Handlungsspielraum und Erwartungen

Der erste Schritt, um das Vertrauen in deinem Team zu stärken ist, den eigenen Handlungsraum klar zu haben. Und das gilt nicht nur für dich als Führungskraft, sondern in gleicher Weise auch für deine Mitarbeitenden. Denn in deinem Handlungsraum hast du alles zu 100% in deinem Einflussbereich. Hier entscheidest nur du, wie du über dich und andere denkst, ob du dich über etwas ärgerst oder grämst, ob du positiv in die Zukunft schaust oder nicht, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist. Es geht vor allem auch darum, für dich zu wissen, wie du die Zusammenarbeit mit deinem Team gestalten möchtest, was Dos und was Don‘ts sind. Was deine Erwartungen und Wünsche an andere sind. Erwartungen werden in Teams sehr selten besprochen, dabei ist es so wichtig darüber zu reden, um mögliche Missverständnisse, Konflikte und falsche Vorstellungen zu reduzieren und aufzulösen.

Klarheit und Mitverantwortung

Neben den Erwartungen geht es auch darum, Klarheit zu haben, was dein Anteil an einer Situation ist oder welchen Beitrag du zu einer Situation leisten kannst. In meiner Arbeit mit Führungskräften höre ich immer wieder Aussagen wie: „ich habe zu diesem mühsamen Thema deshalb nichts beigetragen, weil es mich nervt, dass es immer um das Gleiche geht. Also habe ich an den Meetings nicht mehr teilgenommen, sollen sie das im Team alleine lösen.“

Etwas nicht zu tun, nicht anzusprechen oder sich zurückzuziehen ist auch ein Beitrag. Oft sind wir uns darüber nicht bewusst. Denn in Teams entstehen durchaus Dynamiken, den Fehler zuerst bei jemand anderem zu suchen, als das eigene Verhalten kritisch zu betrachten: was würde sich denn verändern, wenn sich jemand nicht zurückzieht, sondern für die Lösung einer Situation Mitverantwortung übernimmt?

Es gibt drei Punkte, über die du dich mit deinem Team verständigen solltest, damit das Vertrauen noch größer wird und die Qualität eurer Zusammenarbeit steigt.

  • Welche Erwartungen habe ich an mich – und an meine KollegInnen bzw. MitarbeiterInnen?
  • Wofür stehe ich in unserer Zusammenarbeit zur Verfügung und wofür nicht?
  • Was ist mein Beitrag/Anteil an einer Situation und welchen Beitrag habe ich noch nicht geleistet? Was könnte ich in Zukunft anders machen?

Bevor ihr diese Fragen im Team besprecht, ist es wichtig, dass jede und jeder einzelne von euch, sich in Form einer Selbstreflexion dazu Gedanken zu machen.Danach ist es wichtig, dass ihr die Ergebnisse eurer Einzelreflexionen miteinander teilt.

Die 1-Minuten-Runde

Am besten du probierst es im nächsten Team-Meeting gleich aus: mach‘ eine Runde, in der jeder aufgerufen ist, seine Erwartungen an die Zusammenarbeit im Team offen zu legen. Jedes Teammitglied hat kurz Zeit, sich dazu zu äußern. Wichtig ist, wie gesagt, dass alle vorbereitet sind und sich im Vorfeld Gedanken gemacht haben. In der Runde nimmst du dann die Zeit. 1 Minute pro Person. Die Minute deshalb, damit alle die gleiche Redezeit haben und rasch auf den Punkt kommen. Der, der als erster den Impuls hat, beginnt, und dann geht es im Uhrzeigersinn weiter. Als Führungskraft bist du der/die Letzte, die an der Reihe ist. Jeder von euch hört zu und macht sich Notizen. Danach machst du nochmal eine Runde, in der dein Team zu vorangegangenen Wortmeldungen Bezug oder Stellung nehmen kann. Ich empfehle euch, die Wortmeldungen schriftlich kurz und prägnant festzuhalten und danach miteinander zu teilen.

Solche 1-Minuten-Runden kannst du auch machen, um z.B. den eigenen Beitrag für ein Projekt abzufragen (abseits der fachlichen Arbeit, die jeder tut). Also beispielsweise mit der Frage: Was werde ich persönlich dazu beitragen, dass das Projekt gelingt?
Wieder hat jedes Teammitglied 1 Minuten Zeit. Auch hier gilt: jemand protokolliert die Wortmeldungen und verschickt sie danach an alle. Das kann im Laufe eines Projekts ein wichtiger Ankerpunkt sein, auf den ihr euch immer wieder beziehen könnt, wenn es vielleicht grad schwierig ist.

Probiere es einfach aus! Anfangs kostet es vielleicht ein wenig Überwindung, ganz offen über eure Erwartungen zu sprechen. Das legt sich aber rasch. Und du wirst sehen, wie die Qualität eurer Zusammenarbeit und eure Produktivität nach kurzer Zeit durch die Decke geht, wenn du das zu eurer Teamroutine machst. Denn jeder übernimmt Mitverantwortung für das Gelingen der Zusammenarbeit. Viel Erfolg!

Karin Weigl

Vertrauen führt – jetzt mehr denn je!

Weil Vertrauen ein Gefühl der Sicherheit gibt.

Stell dir vor, du arbeitest mit KollegInnen zusammen, die ihr ganzes Wissen aus eigenen Stücken mit dir teilen oder die sich auch in schwierigen Situationen für dich aus dem Fenster lehnen und Mitverantwortung übernehmen. Stell dir vor, du kannst der oder die sein, die du bist – ganz ohne Taktik zu überlegen, wie du dich in einer Situation am besten verhältst. Stell dir vor, du kannst etwas Vertrauliches erzählen – ohne zu befürchten, dass es die Runde macht und dir zum Nachteil gereicht…

Taktik oder Vertrauen?

Vor allem in Zeiten wie diesen, wenn sich gerade unsere gewohnte (Arbeits-)Welt auf den Kopf stellt, ist Vertrauen so wichtig wie nie zuvor. Wir unterscheiden zwischen persönlichem Vertrauen zu anderen Menschen und dem Vertrauen in Systeme und Strukturen. Gerade in Zeiten wie diesen braucht es beides. Vertrauen gibt uns ein Gefühl der Sicherheit. Es macht uns auch produktiv und schnell. All die Zeit und Energie, die in Zurückhaltung, taktische Vorgehensweisen, Rechtfertigungen oder gar Verschleierungen investiert wird, kann somit produktiv genutzt werden. Und das macht Unternehmen nicht nur effizient, sondern verleiht ihnen auch Stabilität, weil alle wirklichan einem Strang ziehen. Und Stabilität ist gerade jetzt in diesen Zeiten ein wichtiger Faktor.

Vertrauen nur als Lippenbekenntnis?

„Bei uns in der Firma ist das Vertrauen hoch. Wir haben alle ein gutes Verhältnis zueinander und helfen einander, wo es geht.“, erzählte uns letztens eine Führungskraft auf unsere Nachfrage, wie es denn dem Unternehmen seit Beginn der Krise ginge. Solche Aussagen hören wir häufig aus den Unternehmen. Egal ob gerade eine Krise herrscht oder nicht. Das, was mit „gutem Verhältnis zueinander“ gemeint ist, hat jedoch mit Vertrauen nur am Rande zu tun.  Denn man kann seinen Job machen und mit Menschen zusammenarbeiten, und ihnen oder dem Unternehmen dennoch nicht vertrauen. „Die Leute müssen ja nicht miteinander gut Freund sein. Solange sie gut zusammenarbeiten genügt das.“, heißt es dann oft auf unsere Nachfrage.

Wenn wir dann genauer nachfragen oder hinter die Kulissen schauen, zeigt sich leider oft ein anderes Bild. Denn auch, wenn die Führungsebene meint, den Mitarbeitern voll zu vertrauen, dann stellt sich die Frage, ob das entgegengebrachte Vertrauen auch in der Belegschaft als solches ankommt. Lippenbekenntnisse werden nämlich schnell entlarvt.

Lieber nochmal genau hinschauen

Wenn ähnliche Antworten, wie die der o.a. Führungskräfte, auch dein erster Impuls waren, dann bist du gut beraten, bei diesem Thema nochmal genau hinzuschauen – auch, wenn gerade alles bestens zu laufen scheint. Denn du lässt wertvolle Energie auf der Straße liegen.

Warum ist es also wichtig nochmal genau hinzuschauen und zu hören:

  • weil mangelndes Vertrauen meist nur in Nebensätzen oder unscheinbaren Aussagen erkennbar ist und damit lange Zeit unter dem alltäglichen Wahrnehmungsradar abläuft
  • weil es allen Beteiligten viel Energie kostet, die viel besser anders investiert werden kann
  • weil es allen Beteiligten die Freude an der Arbeit nimmt
  • es dein Team oder Unternehmen innerlich aushöhlen kann, wenn es zu lange unentdeckt bleibt

und am wichtigsten:

  • weil du an den Gründen für das fehlenden Vertrauen nichts verändern kannst, wenn du sie nicht kennst!

 

Folgende Fragen können dir als nächster Schritt bei deiner Betrachtung helfen. Notiere dir deine Antworten dazu;

  • Wie zeigst du deinen MitarbeiterInnen, dass du Vertrauen in sie hast?
  • Woran kannst du erkennen, dass dein gezeigtes Vertrauen auch bei anderen als Vertrauen wahrgenommen wird?
  • Woran kannst du erkennen, dass deine Leute wirklich produktiv miteinander arbeiten?
  • Woran machst du fest, dass echtes Vertrauen zwischen den Menschen im Unternehmen herrscht?

Diese Fragen eignen sich auch gut, um sie im Team in einer Meinungsrunde zu besprechen. Du machst den Anfang in der Runde, sei offen und ehrlich, wertschätzend und achtsam im Ausdruck. Eine Frage nach der anderen wird in der Runde besprochen. Jeder hat pro Frage 1 Min Zeit. Diese Offenheit stärkt euch als Team und fördert das Vertrauen.

Wir wünschen dir viel Erfolg dabei!

 

Motivationsschub…

Hast du gerade viel zu tun? Hast du das Sommerloch in diesem Jahr gut genutzt?

Welches Sommerloch eigentlich? Ich suche es jedes Jahr vergeblich und habe es noch in keinem Jahr gefunden. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich gerne all jene Themen und Dinge in den Sommer verlege, für die ich mir während des restlichen Jahres zu wenig Zeit nehme. Und dabei ertappe ich mich immer wieder, dass es manchmal gar nicht so einfach ist, zwischen den wichtigen und den dringenden Dingen zu unterscheiden…

Der Sommer ist für dieses Jahr wohl auch temperaturtechnisch endgültig vorbei und eigentlich wäre ich durchaus bereit für ein „Sommerloch“ bei all den Dingen, die es zu erledigen gilt. Ist aber keines in Sicht – weil es ja auch nicht mehr Sommer ist. Also schaffe ich Abhilfe und widme mich der Priorisierung – und hole mir einen Motivationsschub.

Wichtig und dringend.

Es gibt Aufgaben, die dringend UND wichtig sind. Das sind all jene Dinge, die Potenzial haben, Stress zu erzeugen. Grund dafür kann sein, dass jemand anderer etwas braucht oder man etwas beitragen soll, damit jemand anderer an einer bestimmten Aufgabe weiterarbeiten kann. Meist sind das auch Dinge, die mit Zeitdruck verbunden sind.

Erfolgsgefühl.

Dann gibt es all jene Dinge, die dringend, aber nicht so wichtig sind. Idealerweise kann man diese an andere delegieren. Bei mir erlebe ich, dass dies oft Aufgaben sind, bei deren Erledigung ich weniger Freude empfinde. Da ist es z.B. gut, wenn ich sie an jemand anderen weitergeben kann, dem sie vielleicht mehr Freude macht, als mir. Bei unseren Kunden beobachte ich immer wieder, dass Menschen Aufgaben nicht delegieren, weil sie meinen, die Aufgabe wäre für andere nicht zumutbar. Oftmals ist aber genau anderes der Fall: eine delegierte Aufgabe kann viel an Motivation erzeugen, an Lernerfahrung und damit auch an Erfolgsgefühl. Wie wäre es, einfach darüber zu reden und zu fragen, wer denn Interesse hätte, eine Aufgabe zu übernehmen – auch wenn es für einen selbst eine Unliebsame darstellt? In meiner Corporate-Vergangenheit war ich oft überrascht, wer sich dann für verschiedene Aufgaben meldete, denn oft hatte ich selbst nie gedacht, dass genau diese Personen an der spezifischen Sache Interesse hätten.

Alles, was wichtig, aber nicht dringend ist, schieben wir oft vor uns her. Denn keiner fragt in der Regel danach und es gibt auch keinen Zeitdruck dahinter. Diese Aufgaben reihen sich dann irgendwann mit fortschreitender Zeit in die „dringend UND wichtig“-Kategorie, wenn sie nicht erledigt werden… Und damit reihen sie sich automatisch in der Prioritätenliste nach vorne.

Motivationsschub.

Und schließlich gibt es jene Dinge, die weder wichtig noch dringend sind. Viele Lehrbücher empfehlen, solche Aufgaben hintenanzustellen. Was mich betrifft, sind das allerdings sehr oft genau die Dinge, die mir Spaß machen. Diese sollten also keine Priorität haben? Auch bei Mitarbeitenden habe ich das in der Vergangenheit erlebt: Aufgaben, bei denen es etwas Neues zu entwickeln gilt, etwas neu zu ordnen oder zu konzipieren ist, haben oft motivierenden Charakter. Ohne diese Aufgaben könnte man wahrscheinlich gut auskommen, wenn alles so bleiben soll, wie es ist. Und genau deshalb darf man ihren Wert nicht unterschätzen. Genau in diesen Aufgaben steckt die Innovationsfähigkeit von Unternehmen, die Kreativität und die Motivation. Denn es gibt keinerlei Druck. Hier darf etwas entstehen, hat etwas Zeit und Raum. Kreativität und Innovation kann man nicht erzwingen. Denn je mehr Druck da ist, desto weniger kann entstehen. Insofern ist es wichtig, solche To Dos nicht vom Radar zu verlieren, sondern ihnen dieselbe Aufmerksamkeit zu geben, wie den anderen Themen, die uns und auch anderen oftmals dringender und wichtiger erscheinen. Denn sie haben großes Potenzial für einen Motivationsschub.

Und was das Sommerloch betrifft, so  kann ich euch nur empfehlen, euch auch im Herbst mal ein „Sommerloch“ zu gönnen, mit druckfreier Zeit zum Durchhängen, für neue Ideen. Motivationsschub garantiert.

Und sollte es sich jetzt gerade nicht ausgehen: der nächste Sommer kommt bestimmt. ;-)

Damit Leadership „nicht für die Fische“ ist…

Wenn bei uns Menschen jemand die Führung übernimmt, hat das meist mit seiner oder ihrer Persönlichkeit zu tun. Meist sind die, die führen durch eine starke Persönlichkeit bestimmt, die entweder Autorität oder Macht genießt – oder beides. Dazu kommt, dass die, die führen auch von denen, die ihnen folgen, anerkannt werden müssen, um wirksam zu sein. In einer Gruppe oder einem Team gibt es demnach häufig eine Person, die für Entscheidungen die Verantwortung übernimmt und sich – schlimmstenfalls – schützend vor die Gruppe stellt. Wenn eine Gruppe gemeinsam hinter einer Entscheidung oder Vereinbarung stehen soll, dann benötigt es die Einbindung, den Meinungsaustausch und das Gehörtwerden jedes einzelnen Team- oder Gruppenmitglieds.

Geteilte Verantwortung

Das, was bei uns Menschen langsam in Form von Agilität und selbstorganisierenden Systemen Einzug in die Arbeitswelt hält, ist im Fall der Fische überlebensnotwendig und vollkommen natürlich. Kein Fisch hat im Schwarm die Alleinverantwortung. Denn obwohl es in einem Fischschwarm ebenso klar erkennbare Führende wie Folgende gibt, kann man beobachten, dass sich Fischschwärme bei Bedrohungen neu formieren und organisieren: die Verantwortung wird geteilt. Dabei tauschen die Führenden mit den Geführten immer dann die Rollen, wenn es sinnvoll ist und einen Nutzen bringt. Das gilt vor allem für Situationen, in denen die Schwärme bedroht und gefährdet sind. Für die reine Futtersuche braucht es diese Form der Reorganisation nicht. Die Fische sind dabei am effektivsten, wenn sie ihren individuellen Rollen treu bleiben können.

Schwarmfische regulieren außerdem automatisch ihre Distanz zum Nachbarn. Wird diese zu groß, schließen sie sofort auf. Wird sie zu klein, passen sie ihre Geschwindigkeit an die anderen an. Ein spielerisch fließender Vorgang.

Intelligenter Schwarm

Untersuchungen zeigen, dass sich Fische die Schwarmintelligenz zu Nutze machen, um einander leichter und effizienter zu steuern. Dazu gibt es mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, wie z.B. die von Jens Krause am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Er hat sich mit der Entscheidungsfindung im Fischschwarm auseinandergesetzt und setzte dabei einen Roboterfisch ein, der seinen Fischprobanden sehr ähnlich sah. Gesteuert von Menschenhand, hatte der Roboter die Aufgabe, den Fischschwarm in seinen Entscheidungen zu beeinflussen. Der Roboterfisch sollte die Fische durch sein abweichendes Verhalten dazu zu bringen, sich von der Futterquelle zu entfernen. Die aufgezwungene Verhaltensänderung funktionierte mit zwei Fischen wunderbar, jedoch nicht mehr mit einem Schwarm von 10 und mehr Fischen.

Je größer der Schwarm, desto stabiler also die Entscheidungen: damit verhindern die Fische, dass die Fehlentscheidung, die möglicherweise durch die äußerliche Beeinflussung eines oder zweier Kameraden zustande kommt, den ganzen Schwarm ins Verderben führt.

Präsenz

Auch bei uns Menschen hat die Größe und Stabilität der Gruppe oder des Teams einen Einfluss auf die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden. Dazu kommen allerdings noch zwei wesentliche Faktoren: Präsenz im Jetzt und Zeit. Zeitdruck wirkt sich kontraproduktiv auf stabile Gruppenentscheidungen aus. Unter Zeitdruck kann es passieren, dass wir schon mehr im nächsten Termin oder den nächsten Aufgaben sind, als im Jetzt. Präsent im Jetzt zu sein und sich auf andere einzustellen, mit der Dynamik ein Stück weit „mitzuschwimmen“ ist eine Voraussetzung, um zu nachhaltig gelebten Gruppenvereinbarungen zu kommen. Jeder einzelne ist dabei gefragt, in die Eigenverantwortung zu gehen und in diesem Sinne Leadership zumindest für sich selbst zu übernehmen.

Es ist also essenziell, sich Zeit zu nehmen, um ein gemeinsames Verständnis von Inhalten, Begrifflichkeiten und Sachlagen herzustellen, damit die Entscheidung von allen WIRKLICH verstanden und mitgetragen werden kann und damit nachhaltig ist. Und das ist meist schwer, wenn enge Zeitkorsetts vorgegeben sind. Dann braucht es eine straffe Struktur, aber das an einer anderen Stelle in diesem Blog.

Im Fluss

Wenn Leadership „nicht für die Fische“ sein soll, ist es wichtig, einfühlend und präsent in Gruppenprozesse zu gehen, die Geschwindigkeit anderer wahrnehmen und sich darauf auszurichten, sich manchmal anzupassen, im Fluss mit dem, was ist, zu sein. Nur die Meinung, Sachlagen und Inputs derer zu hören, die lauter als andere und schnell in ihren Wortmeldungen, persönlichen Entscheidungen und Lösungen sind, bergen die Gefahr, andere in der Gruppe inhaltlich und vor allem emotional zu verlieren. Und wenn das passiert, ist es wohl nachvollziehbar, dass Entscheidungen und Vereinbarungen nicht tragfähig sind. Und somit die investierte Zeit und eingebrachte Energie dann wohl „für die Fische“ war.

Wer nimmt den Schwarzen Peter?

Die Redewendung „jemandem den Schwarzen Peter zuschieben[1] bedeutet bekanntermaßen, eine Schuld, Unannehmlichkeiten oder ein unerwünschtes Thema zu übertragen oder gar abzuwälzen. Diese Redewendung lässt aber auch den Eindruck zu, dass wir möglicherweise keine Wahl haben, wenn wir Schuld für etwas zugesprochen bekommen.

Erst kürzlich haben wir in einem Unternehmen erlebt, dass für einen internen Prozess, der nicht eingehalten wurde, die Schuldigen, die „schwarzen Schafe“ dafür gesucht wurden. Also jene, die sich Freiheiten herausnehmen würden, die andere nicht hätten.
Was macht Schuld mit uns und was kann sich ändern, wenn wir mit ihr bewusster umgehen?

Schuld und Handlungsmöglichkeiten.

Wenn wir vom Begriff der Schuld sprechen, dann kommen wir automatisch sofort zur Freiheit des Handelns. Denn Schuld setzt voraus, dass wir Freiheit in unseren Handlungsmöglichkeiten empfinden: ob wir sie uns zuschieben lassen und nehmen, oder nicht.

Wie mit Schuld umgegangen wird – was eine Holschuld und was eine Bringschuld darstellen kann – ist auch kulturell sehr verschieden. Während wir in Europa stark davon geprägt sind, dass der Staat vieles für die Allgemeinheit regelt und der Bürger sich nicht in der Verantwortung sieht, dem Staat/ der Allgemeinheit etwas zurückzugeben, sieht das zum Beispiel in den USA anders aus. In Amerika geht das Individuum davon aus, dass es sich um sich selbst kümmern muss bzw. dass Unternehmer*innen beispielsweise viel häufiger Stiftungen gründen um der Allgemeinheit etwas zurückzugeben, als das in Europa der Fall ist. Hierzulande haben Stiftungen vor allem den Nutzen, ein steuerschonendes Finanzinstrument zu sein.

Moral?

Im Deutschen haben wir nur wenige Begrifflichkeiten für „Schuld“. Während es zum Beispiel im Englischen oder auch Französischen die Unterscheidung zwischen debt und guilt gibt, machen wir begrifflich im Deutschen keinen Unterschied. Der Begriff ist in der deutschen Sprache auch um einiges moralischer aufgeladen, als in anderen Sprachen.

Während es Systeme wie das Bankwesen gibt, die auf dem Konzept materieller Schuld aufgebaut sind, gibt es auch noch die gefühlte Schuld, die einen innerlichen, sehr persönlichen Prozess darstellt. Dieser ist von außen nicht beeinflussbar. Denn ob und wie sehr sich jemand schuldig fühlt, hat viel mit dem eigenen Weltbild und den eigenen Glaubenssätzen zu tun. Auch die Frage, wie lange wir im Gefühl „schuld zu sein“ verhaftet bleiben, bestimmt, wie frei wir uns im Umgang mit Schuld fühlen und welche Handlungsmöglichkeit wir wahrnehmen.

Durch Schuld entsteht eine Disbalance. Sich zu ent-schuldigen hat dabei die Funktion, einen sozialen Ausgleich zu schaffen: es gab eine Friktion und durch ein Eingeständnis passiert ein Ausgleich.

Sündenbock.

Vor allem aus der Religionsgeschichte ist der Begriff der Schuld stark negativ aufgeladen. Es wird einfacher, wenn wir Schuld durch Verantwortung ersetzen: denn es macht einen Unterschied, ob wir fragen, wer an einer Sache schuld ist oder wer für eine Sache verantwortlich ist.

Die jüngste Datenaffäre um Facebook ist ein schönes Beispiel für die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft mit Schuld oder Verantwortung umgehen. Wieviel leichter ist es oft, dem vermeintlich (!) Offensichtlichem den Schwarzen Peter zu zuschieben und nicht dahinter zuschauen, was vielleicht das Thema ist? Wenn wir bereit sind auch andere Sichtweisen einzunehmen, relativiert das oftmals die eigentliche Schuldfrage (siehe auch diesen Artikel hier.)

Was können wir also tun um achtsamer mit dem Schuldbegriff umzugehen? Wir können uns selbst beobachten, welchen Stellenwert wir der Schuld geben. Durch mehr Bewusstheit darüber können wir unseren Umgang damit verändern. Dabei können folgende Fragen hilfreich sein:

  • Wem gebe ich die Schuld und wofür? Und wie spreche ich es an?
  • Was würde sich verändern, wenn ich die Sache aus dem Blickwinkel des Anderen und aus seiner Verantwortung heraus betrachte?
  • Ist es mir eine Genugtuung, einen Schuldigen zu finden?
  • Nehme ich leicht Schuld auf mich und fühle ich mich oft als Sündenbock?
  • Wie leicht fällt es mir, mich aufrichtig zu ent-schuldigen und einen Fehler einzugestehen?

Und für den Schwarzen Peter bedeutet das: wir haben immer die Freiheit, zu entscheiden ob wir ihn uns zuschieben lassen und nehmen, oder nicht. Oder wofür wir ihn – manchmal vielleicht auch leichtfertig – anderen umhängen.

——

[1] Das Spiel „Der Schwarze Peter“ geht wahrscheinlich auf den deutschen Räuber Hannes Brückler, genannt Schinderhannes, zurück, der das Spiel während eines Gefängnisaufenthalts um 1811 erfand. Der Name bezieht sich wahrscheinlich auf seinen Komplizen Johann Peter Petri zurück, der unter dem Namen „Schwarzer Peter“ bekannt war. (Quelle Wikipedia)

Fotocredit: Fotolia #127107111, stockpics

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