Bei einem unserer vergangenen Leadership Breakfast widmeten wir uns dem Thema Kreativität. Im Unterschied zu Innovation beruht Kreativität immer auf etwas Bestehendem, weiß die kreative Logik aus der Mathematik. Wir nehmen etwas her, was es schon gibt und machen etwas Neues daraus. Kreativität entsteht aus einem Feld, das wir zuerst erzeugen und in das zuvor viel an Arbeit investiert wurde, um den Boden dafür aufzubereiten. Und diese Arbeit ist vielleicht auch gar nicht bewusst investiert worden. Es geht also darum, das, was bereits da ist, mit etwas Bestehendem zu verknüpfen. Ein zitiertes Beispiel war Henry Ford, der sich in Schlachthöfen Anleihe für seine Fließbandproduktion geholt hat.

 

Angstfreiheit

Was braucht es, um Kreativität entfalten zu können? Wir waren uns einig, dass es einen entspannten Zustand braucht, einen angstfreien Raum. Kreativität hat auch viel mit Spontaneität zu tun, die plötzlich etwas zeigt, was bereits vorher mental verarbeitet wurde. Um kreativ sein zu können, muss sich der rationale Geist zurücknehmen. Das „Wollen“ behindert unsere Kreativität, denn es behindert den Flow.

Google hat lange untersucht, was ihre besten Teams ausmacht. Und in einer Studie kam das Unternehmen vor allem zum Schluss, dass es vorrangig um eine angstfreie Umgebung ging. Das Konzept der Psychologischen Sicherheit von Amy Edmondson kam dabei ins Spiel, das besagt, dass eine Umgebung, in der Vertrauen herrschen kann, die Bereitschaft fördert, sich aktiv einzubringen. Das Risiko einer Blamage wird in einem solchen Umfeld nicht wahrgenommen bzw. ist sehr klein. Angstfreiheit als einer der Schlüsselfaktoren für produktive Zusammenarbeit und kreative Problemlösungen.

Elizabeth Gilbert beschreibt Kreativität in ihrem Buch Big Magic damit, dass Inspiration, Ideen und Kreativität eine Energie ist, die zum Leben gebracht werden will. Wenn wir die Ideen nicht umsetzen, suchen sie sich einen anderen Menschen. Wir kennen das alle: wir haben eine Idee und machen nichts damit. Einige Zeit später hören oder lesen wir von jemandem, der genau unsere Idee verwirklicht hat.

 

Spontanität

Ziel des Psychodramas ist die Aktivierung und Integration von Spontanität und Kreativität. Konstruktives spontanes Handeln ist zustande gekommen, wenn der Protagonist für eine neue oder bereits bekannte Situation eine neue und angemessene Reaktion findet.

Jacob Levi Moreno, 1959, S. 34

Moreno betrachtet dabei Spontanität als die wahrscheinlich älteste, universell vorhandene, jedoch am schwächsten entwickelte Kraft eines Menschen. Oft ist sie durch Sozialisations- und Entkulturationsprozesse gehemmt und entmutigt. Ein großer Teil der menschlichen Psycho- und Soziopathologie kann nach Moreno einer ungenügenden Entwicklung respektive einer Hemmung der Spontanität zugeschrieben werden. Eng verbunden mit der Spontanität ist die Kreativität, denn „die Spontanität küsst die Kreativität wach“. Beide zusammen machen erst aktives und schöpferisches Handeln möglich.

 

Reduktion und Komplexität

Neben einer stressfreien Umgebung sind Reduktion und Komplexität weitere Faktoren, die Kreativität begünstigen und fördern. Das mag auf den ersten Blick merkwürdig klingen, aber beides unterstützt dabei, dass unser Verstand dabei keine wesentliche Rolle spielen kann. Es macht also einen Unterschied, ob man jemand sagt „male ein Bild“ oder ob man jemand sagt „hier hast du einen roten und einen grünen Stift: male damit ein Bild“.

Ähnlich verhält es sich mit Komplexität: wenn wir die Komplexität bei einem Thema erhöhen, haben wir irgendwann zu viele Infos und zu viele Faktoren, mit denen unser Verstand überfordert ist. Um in diesem Thema weiterkommen zu können braucht es dann eine andere Herangehensweise und dadurch zeigen sich kreative Ansätze oder Lösungen.

Auch im alternativen Schulwesen finden sich kreative Ansätze. In einem Beispiel einer Schule, in der Kinder mit starker Leseschwäche unterrichtet werden, hat man in Bezug auf Textverständnis mit folgendem Ansatz in Bezug auf das Textverständnis der Kinder gute Erfolge erzielt: die Aufgabe an die Kinder war: „Lese den Text und dann zeichne den Text.“ Dabei zeigt sich nach dem Lesen des Texts ein weitaus besseres Textverständnis der Kinder, als wenn sie es schriftlich zusammenfassen müssen.

 

„Was ist mein Anteil?“

Wie können wir mehr Kreativität in Unternehmen bringen? In einem Unternehmen gibt es in der Regel viele Ideen, aber nur wenige schaffen es in die Umsetzung. Das mag mehrere Gründe haben: zum einen, weil der Ideengeber nicht immer auch gleichzeitig der Umsetzer ist, zum zweiten, weil es zu wenig Unterstützer für eine Idee gibt bzw. es oft an den Menschen mangelt, die sich mit (risikohaften) Ideen exponieren wollen. Denn wenn es schief geht…was ist dann?

Um Verantwortung für den eigenen Anteil übernehmen zu können, wird in Hawaii ein Ritual namens Ho‘oponopono angewandt. Damit soll das Gleichgewicht in einer Familie oder einem Beziehungssystem wiederhergestellt werden. Dabei geht es darum, den eigenen Anteil zum Beispiel am Fehler eines anderen zu sehen: „was habe ich dazu getan, dass dieser Fehler passiert ist?“ Damit bekommt dieser Fehler einen ganz anderen Anstrich, denn das Kollektiv übernimmt gemeinsam Verantwortung für das, was passiert ist. Das wäre doch auch ein spannender Ansatz für Unternehmen und würde einen angstfreien Raum fördern, in dem Kreativität leichter umsetzbar wird. Voraussetzung dafür ist natürlich ein hoher Vertrauensgrad in der Organisation.

 

Ein herzliches Dankeschön an Breakfast-Gast Christopher Temt für seinen schriftlichen Beitrag über Jacob Levi Moreno, der in diesen Blogartikel eingeflossen ist.

Fotocredit: fotolia 107017745 © agsandrew

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