Mit seinem Leadership-Programm socialmentoring setzt Gerhard Lechner neue Impulse in der Führungskräfteentwicklung. Manager aus Wirtschaftsunternehmen begleiten dabei sozial benachteiligte Menschen als MentorInnen. Der Kern dieser Weiterbildung für Führungskräfte ist das Fokussieren auf Beziehungsfähigkeit und Menschenbild.
Wir haben Gerhard Lechner getroffen und ihn gefragt, was dieses Programm von anderen unterscheidet.

Wie kommt man auf die Idee ein Führungskräfteprogramm zu konzipieren, dass sich auch um sozial benachteiligte Menschen kümmert?

Ich wollte als Unternehmer etwas sozial Sinnvolles auf die Beine stellen – nämlich Menschen unterstützen, die es nicht so gut getroffen haben.
Meine damalige Erkenntnis, dass in einem so reichen Land wie Österreich etwa 1,5 Millionen Menschen in Armutsgefährdung leben, brachte mich auf die Idee, ein System auf die Beine zu stellen, wo Menschen per Hilfe zur Selbsthilfe zu einem existenzsichernden Job geführt werden. Und dieses „Führen“ war für mich die Brücke zu Führungskräften.
Aus meine eigenen Erfahrungen als Manager wußte ich auch um die Schwachstelle vieler Führungskräfte, die oft gut in Management Skills ausgebildet sind, aber nicht in Beziehungskompetenz.
Und somit ergab sich daraus die Basis das, deiner gegenseitigen Trainingspartnerschaft.

Worum geht es bei socialmentoring?

Grundidee und wesentlicher Unterschied zu den vielen verschiedenen Formen heutiger Leadership Trainings sind 2 Prinzipien:

  1. Die Verfeinerung von Beziehungskompetenz in der Praxis: Grundidee von socialmentoring ist Learning by Doing in geschützter Umgebung mit ExpertInnenbegleitung.
  2. Die Führungskraft trainiert außerhalb ihres Organisationssystems mit einer betriebsfremden Person. Sie kann sich daher öffnen. Einschränkungen durch festgefahrene Beziehungskonstellationen fallen weg. Und es wird das Probehandeln neuer Verhaltensweisen möglich, ohne unerwünschte Interventionen im eigenen Teamgefüge zu riskieren. Die Reflexion des eigenen Handelns und Verhaltens führt zu Erkenntnissen, die als erweiterte Beziehungs- und Führungskompetenzen ins eigene Organisationsystem zurückfließen. Die Begleitung durch Expertinnen und Experten garantiert dabei den geschützten Rahmen.

Warum wird das Gestalten von Beziehungen für die Führungsarbeit in Zukunft ein noch wichtigerer Bestandteil sein, als bisher?

Führung ist Beziehung: neben der schlichten Feststellung, dass bereits heute mangelhafte Sozial- und Beziehungskompetenz Führung oft ineffektiv sein lässt, stellen v.a. aufkommende Veränderungen, wie die Digitalisierung oder der Globalisierung, Führung vor neue Herausforderungen.
Seit einigen Jahren kommen zunehmend mehr erfolgreiche Modelle der Arbeitsorganisation und Führung auf, die entweder flache Hierarchien oder selbstorganisierte eigenständige Einheiten haben, die ihren Unternehmenszweck selbst verantwortlich erfüllen. Die autoritäre Führung wird hier durch einen kooperativen Führungsstil ersetzt, die Einzelentscheidung des Chefs weicht Gruppenprozessen mit gemeinsamen Entscheidungen. Co-Kreativität, Flexibilität und sinnerfüllende Arbeit sind künftige Leitlinien. Intelligente Kooperation – auch über Unternehmensgrenzen hinaus – wird zusehends wichtiger werden.

Von welchen persönlichen Erkenntnissen haben TeilnehmerInnen – Mentoren und Mentees – im Zuge des Programms berichtet?

Viele Erkenntnisse wurden seitens der Führungskräfte rückgemeldet, beispielsweise, dass

  • man Potenziale, die das Gegenüber mitbringt, tendenziell unterschätzt
  • das Training ein gutes Übungsfeld dafür bietet, Potenziale anderer zu erkennen und sie in Können und letztlich Resultate überzuführen
  • die Anwendung von Coaching-Instrumenten in der Führung (beispielsweise offene Fragen zu stellen) enorm wirksam sein kann, um schlummernde Potenziale des Partners aufzuwecken
  • es angesichts der möglichen Schwere der Situation des Gegenübers sehr lehrreich ist, die eigene Grenze zwischen Mitgefühl und Mitleid zu erkennen; und dabei angesichts eigener Betroffenheit nicht die Handlungsfähigkeit zu verlieren
  • die Selbstreflexion dazu hilft, den eigenen Anteil an einer Situation zu sehen, anstatt nur das Verhalten des Gegenübers ändern zu wollen

Mentees berichten v.a. darüber, dass

  • sie größere Klarheit über ihre Stärken und Kompetenzen gewinnen
  • sie ihre beruflichen Zielsetzungen wesentlich präziser formulieren können
  • ihr Selbstvertrauen merklich gestiegen ist als Folge ihrer positiven Erlebnisse während des Prozesses
  • sie nun in der Lage sind, sich selbst besser zu vermarkten, weil sie gelernt haben, ihre Fähigkeiten und vergangenen Erfolge klar darzustellen
  • sie in ersten durchgeführten Bewerbungsprozessen wichtige Erfahrungen gesammelt haben
  • sie die Bedeutung eines eigenen Beziehungsnetzwerks erkannt haben und dass Beziehungen aufbauen nicht nur Nehmen, sondern v.a. auch Geben bedeutet.

In einzelnen Fällen gelang es Mentees bereits während des Programms, ihren Wunschjob zu erhalten. In anderen Fällen haben sich Mentees zu einer Form der Professionalität entwickelt, die sie in die Lage versetzte, selbstständig ihre Weiterentwicklung voranzutreiben. Interessant war auch das Beispiel einer Mentee, die erst durch den Wechsel zu ihrem vermeintlichen Wunschjob erkannte, dass ihr vorheriger Job Qualitäten bot, die sie davor nicht sah – und sie deshalb in ihren alten Job (unter etwas verbesserten Rahmenbedingungen) zurückkehrte.

Was ist die Mission von socialmentoring?

Wir glauben daran, dass Organisationen/ Unternehmen mehr und mehr ihre Gestaltungskraft für das Wohl aller Menschen nutzen. Folglich glauben wir, dass sich der Social-Impact-Gedanke immer stärker in der DNA von Organisationen verankern wird. Erfolgreiche Organisationen/Unternehmen sorgen daher für entsprechende Kompetenzen bei Führungskraft und MitarbeiterIn. Diese Veränderung gemeinsam mit Organisationen/Unternehmen zu gestalten, ist unser Ziel.

Und wir tun das auf Basis unserer Mission: Führungs- und Beziehungskompetenzen auf nachhaltigen Wegen trainieren. Armutsgefährdung reduzieren. Mit Unternehmensmodellen Brücken bauen zwischen Organisationen und Gesellschaft. Zum beiderseitigen Nutzen.


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